Handball: Weil sich die über eine Spieleragentur verpflichtete tschechische Torfrau Michaela Hillebrandova zum Rückhalt des Verler Oberligateams entwickelte, wird in der Halle dauernd ein alter Schlager gespielt

Verl. Bei den Heimspielen der Oberliga-Handballerinnen des TV Verl wird nach jedem Treffer ein Bild der Torschützin an die Hallenwand projiziert und ein Musikjingle eingespielt. Die Nummer eins in der Hitliste der Saison dürfte allerdings das Loblied auf die Verler Torfrau werden, denn nach jeder besonderen Parade – und davon gibt es viele – dröhnt „Michaela“ aus den Lautsprecherboxen. „Ich weiß nicht, wer das ausgesucht hat. Ich glaube, das waren meine Mitspielerinnen.“ Mit einem milden Lächeln räumt Michaela Hillebrandova jedoch ein, mittlerweile Gefallen an der Schnulze von Bata Illic aus dem Jahr 1972 gefunden zu haben, obwohl ihr Musikgeschmack „eher ein anderer“ sei.

Die zweite Zeile des Schlagers („Du bist alles für mich“) pflegt – leicht umgetextet in „wichtig für uns“ – Hendryck Jänicke zu singen. „Dass das Ergebnis im Rahmen geblieben ist, haben wir Michaela Hillebrandova zu verdanken“, fügte der Trainer des TV Verl jedenfalls allen Berichten über die bislang acht Niederlagen hinzu. Noch mehr Anerkennung für das von der Pike auf gelernte Stellungsspiel seiner Torfrau und die verblüffend dynamischen „Hampelmänner“ bei Würfen aus der Nahwurfzone spendete Jänicke nach den drei Siegen. Um die Bedeutung des im Kampf um den Klassenerhalt für den Tabellenelften so wichtigen 23:17-Erfolges beim direkten Konkurrenten TSV Hahlen hervorzuheben, wurde er sogar noch deutlicher: „Michaela hat uns den Arsch gerettet.“

Für die dritte Textzeile („Denn ich liebe nur dich“) sind die E-Mädchen des Turnvereins zuständig. Ihre Trainerin („Das macht Spaß mit denen“) steht bei den kleinen Handballerinnen ganz hoch im Kurs. Am letzten Samstag, nach einer weiteren Topleistung Hillebrandovas mit mehr als zwei Dutzend Paraden beim 20:24 gegen den Tabellenzweiten Ibbenbürener Spvg., jubelten sie ihr nicht nur begeistert aus der ersten Zuschauerreihe zu: Sie rannten ihrem Vorbild nach dem Schlusspfiff auch gleich wieder hinterher.



Aber wer ist diese 23 Jahre alte Torhüterin, die sich beim eigenen Trainer („Ein Glücksfall“), den Übungsleitern der Konkurrenz, wie Ibbenbürens Werner Meyer („Klasse“), den Mitspielerinnen wie der erfahrenen Josephine Löbig („Immer Verlass drauf“), den Gegnerinnen („Diese schnellen Reflexe traut man ihr nicht zu, wenn man sie so sieht“) und den Zuschauern („Gut, dass wir die Michaela haben“) gleichermaßen großer Anerkennung erfreut? „Ich habe fünf Jahre für Slavia Prag in der ersten tschechischen Liga gespielt und war auch bei einigen Europapokalspielen dabei“, beginnt Michaela Hillebrandova zu erzählen.

Nach dem Abschluss ihres Studiums im Fach Personalmanagement habe sie im Sommer „etwas ganz anderes“ machen und „der Sprache wegen“ unbedingt nach Deutschland gehen wollen. Letzteres wäre nicht nötig gewesen, denn ihr Deutsch („Das habe ich in der Schule gelernt, und außerdem bin ich nicht weit weg von der Grenze aufgewachsen“) ist ausgezeichnet. Aber die junge Frau („Handball ist in Tschechien nicht besonders populär“) suchte vor allem eine neue sportliche Herausforderung und erhoffte sich natürlich ein berufliches Fortkommen. Beim TV Verl verdient sich Michaela Hillebrandova Unterkunft und Unterhalt derzeit durch eine Mitarbeit im Vereinsbüro. Außerdem ist sie als Jugendtrainerin und als Leiterin von Handball-Arbeitsgemeinschaften in diversen Schulen tätig.

„Liberec, wo ich aufgewachsen bin,

ist auch nicht viel größer als Verl“

Ob es so oder wie es anders weitergehen könnte, lässt der Rückhalt der Verler Oberliga-Handballerinnen offen. „Jetzt bin ich hier, und in dieser Saison bleibe ich hier. Für alles weitere wird es Gespräche geben.“ Gerne würde Michaela Hillebrandova, die selbstkritisch Schwächen bei Distanzwürfen einräumt, ausprobieren, wie hoch sie in Deutschland spielen kann. Die dritte Liga, vielleicht sogar die zweite, würde sie sich schon zutrauen. „Aber natürlich wäre es für uns gut, wenn Michaela in Verl bleiben würde“, wirft Hendryk Jänicke ein. Er weiß aber: „Da gibt es wohl noch einiges zu regeln.“ Die Torfrau aus Prag vor Saisonbeginn über eine Agentur zu verpflichten, war für den Coach absolut alternativlos. „Nachdem Marleen Stüker aufgehört hatte, konnten wir die Torwartposition nicht mehr besetzen.“

Für Michaela Hillebrandova war der Wechsel zum TV Verl ebenfalls „der richtige Schritt“, denn sie sei toll aufgenommen worden. „Und die anderen Spielerinnen unterstützen mich bei allem.“ Den Umzug aus der Weltstadt Prag ins beschauliche Ostwestfalen empfindet sie nicht als dramatisch. „In Prag war ich ja auch nicht jeden Tag unterwegs. Und Liberec, wo ich aufgewachsen bin, ist auch nicht viel größer als Verl“. Was ihr in der ostwestfälischen Provinz neben dem gelegentlichen Heimweh noch nicht ganz gefällt, ist der sportliche Ertrag. „Ein paar Punkte mehr wären jedenfalls schön, denn absteigen mag ich nicht.“ Weiter gearbeitet werden müsse deshalb im Saisonteil 2020 an der Zusammenarbeit zwischen Torfrau und Abwehr, findet Michaela Hillebrandova. „Und natürlich muss unsere Chancenverwertung besser werden.“

Ehe es am 2. Januar wieder mit dem Training losgeht, genießt die Torhüterin ihren Heimaturlaub. Abgeholt wurde sie am vergangenen Wochenende von ihrer Familie. Mitgebracht hatten die Hillebrandovas Pilsener Urquell für die Weihnachtsfeier der Handballabteilung. Gut möglich, dass deshalb zum Dank in der Verler Halle – wie so oft – „Michaela“ gespielt und gesungen wurde.

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